Unvergessen bleibt allen Harry Potter Fans wohl die Szene in der Harry per Eulenpost seinen Zulassungsbescheid für Hogwarts bekam; dicht gefolgt von Onkel Vernons verzweifelten Versuchendem unzähligen Briefen irgendwie zu entkommen.

Kenner wissen, dass in der magischen Welt rund um den jungen Zauberer Harry Potter die Postausschließlich mit Hilfe von Eulen verschickt wird – demnach auch behördliche Dokumente. Die Eulen und Käuzchen befördern die Briefe zielsicher und schnell zu ihren Empfängern. Dabei sind sie – wie es sich bei Harrys Schulbrief gezeigt hat – sehr hartnäckig und stellen auch unwillkommene Postzuverlässig zu. Aber auch in der Welt der Magie kann es durchaus zu der ein oder anderen Komplikation kommen. Errol – die in die Jahre gekommene Eule der Familie Weasley – ist geradezu ein Paradebeispiel für, sagen wir, nicht ganz einwandfreie Postlieferungen. Manchmal benötigt er bei der Beförderung seiner Pakete Unterstützung von anderen Eulen oder er verfliegt sich heillos, andere Male schafft er es erst gar nicht abzuheben und die Post bleibt einfach liegen. Während es bei einer Postkarte oder einem Brief an die lieben Verwandten noch verschmerzbar scheint, wenn diese nicht rechtzeitig ankommt, stellt sich doch insbesondere bei amtlichen Schreiben – also etwa einem Zulassungsbescheid oder einem Schriftstück vom Zaubereiministerium – doch die Frage: Wann ist eine Zustellung eigentlich ordnungsgemäß erfolgt?

Da wir keinen Zugang zu magischen Gesetzessammlungen haben, gehen wir bei der Beantwortung der Frage davon aus, dass auch für Zauberer die nationalen Regelungen gelten. In Österreich ist die Zustellung behördlicher Erledigungen – neben besonderen Bestimmungen in der ZPO und der JN – in einem eigenen Zustellgesetz (ZustG) geregelt. Da Posteulen hier zu Land eher Mangelware sind, bedienen sich Gerichte und Behörden Zustellern, um den Empfängern – also jenen Person, die in der Zustellverfügung namentlich als solche genannt ist – die entsprechenden Schreiben zukommen zulassen. Dabei dient die Zustellung gerichtlicher Erledigungen nicht nur der Verständigung, vielmehrtritt   mit   ihr die   Wirksamkeit   gerichtlicher   Entscheidungen   ein   und   sie   löst   auch   den   Lauf   von (Rechtsmittel- und Leistungs-) Fristen aus. Am gängigsten ist bis dato die physische Zustellung – mit oder   ohne   Zustellnachweis   –   bei   der   dem   Empfänger   das   Dokument   an   dessen   Abgabestellezugestellt wird. Das ZustG räumt auch die Möglichkeit der Zustellung an einen Ersatzempfänger ein, also an jede erwachsene Person, die in der gleichen Wohnung wie der Empfänger wohnt. Als Pendant zu den gefürchteten Heulern, der mit seinem leuchtend roten Umschlag schon so manchen Schüler in Hogwarts zur Verzweiflung getrieben hat, kann man wohl den Rsa-Brief sehen da dieser ähnlich   wie   der   Heuler   nur   an   den   genannten   Empfänger   zugestellt   werden   darf.   Ist   keine Abgabestelle   bekannt, dann   kann   die   Zustellung   auch   durch   eine   öffentliche   Bekanntmachung erfolgen, dabei wird in der sogenannten Ediktsdatenbank bekanntgemacht, dass ein zuzustellendes Schriftstück bei Gericht liegt.

Geht   nun   eine   Eule   –   ja, wir   sprechen   noch   immer   von   Errol   –   verloren   oder   werden   die Zustellvorschriften   nicht   eingehalten, so   kommt   es   zu   keiner   wirksamen   Zustellung   und   das Schriftstück entfaltet somit auch keine Rechtswirkung. Typische Zustellmängel, wenn man keine Posteulen verwendet, sind etwa ein Mangel in der Zustellverfügung selbst – wenn der Empfänger nicht richtig bezeichnet wurde – oder auch wenn ein Rsa-Brief oder Heuler an einen Ersatzempfängerzugestellt wurde. Die Briefe an Harry zeigen schon sehr deutlich, dass die Magier genau wissen, wo die   Empfänger   zu   finden   sind   und   daher   eine   falsche   Bezeichnung   des   Empfängers   eher unwahrscheinlich ist, ist doch der Umschlag an „H. Potter, Im Schrank unter der Treppe, Ligusterweg 4, Little Whining, Surry“ adressiert. Doch was, wenn zwar der Empfänger stimmt aber der Briefdiesem dennoch nicht zukommt, weil er etwa im Urlaub oder auf einer magischen Mission ist? § 7 ZustG sieht hier eine Heilungsmöglichkeit vor: Die Zustellung gilt in dem Moment bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Liegt also der Brief im Schrank unter der Treppe und kommt der junge Zauberer unbeschadet von seinen Abenteuern zurück, so hat diese ab dem Zeitpunkt Wirkung, ab dem er den Brief in seinen Händen hält, sozusagen der reparo-Zauberunserer Zustellordnung.

Cornelia Pascher

Mag.a Cornelia Pascher B.A. ist Universitätsassistentin am Institut für Europäisches und Österreichisches Zivilverfahrensrecht an der Johannes-Kepler-Universität Linz. Ihre Arbeitsschwerpunkt liegen va im (internationalen) Zivilverfahrensrecht, dem Außerstreitverfahrensrecht und dem Familienrecht. Sie ist Harry Potter Fan der ersten Stunde und bekennende Marvel- Anhängerin.